Exklusiv: Themepark vs. Sandbox

Exklusiv: Themepark vs. Sandbox
Eines der kontroversesten Themen in jeder MMO-Community und jedem Forum ist wahrscheinlich die endlose Debatte "Themepark-MMORPGs vs. Sandbox-MMORPGs", bei der sich 2 verschiedene Spieler-"Fraktionen" begegnen. Was ist besser? Welches Genre sollte ausgedehnt und weiterentwickelt werden? Da dies vom persönlichen Geschmack unterschiedlicher Individuen abhängig ist, gibt es auf diese Fragen natürlich keine richtige Antwort. Aber sie könnten hilfreich sein, die Vorlieben modernen MMO-Spieler darzustellen und daraus abzuleiten, welchen Weg viele Software-Firmen einschlagen könnten, wenn sie ein neues MMORPG entwickeln. Aber lasst uns vom Anfang anfangen: Was ist ein Themepark- und was ein Sandbox-MMORPG?

DAS THEMEPARK-MMORPG

Das Themepark-Mmorpg ist durch eine vorgegebene Auswahl an Attraktionen wie Abenteuer, PvP-Optionen und mehr charakterisiert, die die Spieler erleben können. Diese Hauptkomponente kann man leicht in World of Warcraft wiedererkennen, das tatsächlich die Standardformel des moderenen Mainstream-MMORPGs definiert hat und seit seiner ursprünglichen Veröffentlichung die Geburt vieler Klone verursacht hat. Das einfache und dennoch effektive Design von WoW wird selbst von großen Produktionen wie SWTOR, das von vielen als "WoW mit Raumschiffen und Lichtschwertern" betrachtet wird, immer noch schwer ausgenutzt.


Meist ist in dieser Art Spiel alles so gestaltet, dass der Spieler bei der Hand genommen und durch den Inhalt geleitet wird, wobei alles vermieden wird, was ihn verwirren oder ablenken könnte. Das Hauptmerkmal von Themepark-MMORPGs sind wahrscheinlich "Questketten", eine Serie von Abenteuern, welche die Spieler vom Beginn ihres Spielerlebnisses bis zur Levelhöchstgrenze bringen, sie mit XP, Spielwährung und Ausrüstung belohnen. Auch wenn diese Art der Progression interessant und weniger langweilig als ein grinding-basierte sein kann, folgen die Spieler den Aufgaben, überspringen dabei jedoch meist die Questbeschreibungen und die darin dargestellte Handlung. Dieses System ist außerdem der Tod der Erkundung, da der Spieler durch das Spiel uns seine Quests ständig an die relevanten Orte und die dort wartenden Inhalte gebracht wird. Die Spieler können also sichetr sein, dass, wenn es irgendwo ein verstecktes Haus oder einen Schatz gibt, früher oder später eine Questkette auftaucht, die sie dorthin führt - warum sollte man dann von der Questschiene abweichen und die Welt erkunden?

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Themepark-MMORPGs ist sicherlich das "Endspiel", ein Terminus, der mit dem Genre geboren wurde und alle Aktivitäten umfasst, die zugänglich werden, wenn man die Levelhöchstgrenze erreicht, wie z.B. Instanzen für hochlevelige Spieler, Raids, PvP-Schlachtfelder, etc. Das Ziel des "Endspiels" ist für gewöhnlich, die Spieler mit immer besserer Ausrüstung zu belohnen, was durch regelmäßige Updates und Erweiterungen erreicht wird.

Das Themepark-MMORPG ist also, wie man sehen kann, ein gut erstelltes, bereits angerichtetes Abenteuer, das sofort konsumiert werden kann. Eine Welt voller Attraktionen erwartet die Spieler, die ständig mit Dingen, die es zutun gibt, gefüttert werden und gern immer wieder dieselben Instanzen oder Schlachtfelder besuchen, um bessere Ausrüstung zu erhalten.

Zugegebenermaßen muss man bei den Themenpark-Spielen und vor allem WoW insbesondere ihre Einfachheit und das lineare Gameplay anerkennend erwähnen. Sie haben das MMORPG-Genre für ein breites Publikum zugänglich gemacht, angefangen bei Hardcore-Raids-/ Instanzen- und PvP-Spielern bis hin zu den Gelegenheitsspielern, die es bevorzugen, sich nur für ein paar Quest und vielleicht ein Schlachtfeld einzuloggen.

DAS SANDBOX-MMORPG

Auch wenn es nicht mehr viele von ihnen gibt, ist das Subgenre des Sandbox-MMORPGs immer noch der Traum vieler Spieler und war in der "Prä-WoW-Ära" allgegenwärtig, als die Spieler noch keine Inhaltsheuschrecken waren. Es gibt kaum gute Sandbox-MMORPGs da draußen, aber einige haben tatsächlich MMORPG-Geschichte geschrieben; man muss nur an die Väter des MMORPGs  Ultima Online oder EVE Online oder Star Wars Galaxies denken. Die ersten beiden werden immer noch von tausenden Spielern gespielt, während das dritte immer noch bei manchen als das immersivste MMORPG aller Zeiten in Erinnerung ist.


Die Stärke der Sandbox-MMORPGs liegt darin, dass sie den Spielern eine Rohwelt geben, in der sie ihre Abenteuer formen können, sowie die notwendigen Werkzeuge, um dies zu tun. Man kann viele unterschiedliche Definitionen oder "klassische Features" finden, mit denen man das Genre definieren könnte, z.B. Spielerbehausungen, offenes PvP, eine spieler gesteuerte Wirtschaft, ein TIEFGREIFENDES Crafting-System, Erkundungen, Freiheit bei der Charakterprogression und -anpassung, "Full Loot", etc. In Wahrheit ist es aber wohl egal, ob einige dieser Eigenschaften vorhanden sind (SWG hatte beispielsweise kein "Full Loot-Feature") oder nicht. Tatsächlich kann man ein MMORPG als "Sandbox" bezeichnen, wenn man wirklich FREI is, seine Abenteuer zu gestalten, und seine Welt und sein Spielerlebnis ausbauen kann, ohne an eine "Questkette" gebunden zu sein oder vorgegebene Gameplay-Stücke wie Instanzen oder Schlachtfelder endlos wiederholen muss.

Dank dieser Freiheit ermöglicht das Sandbox-MMORPG seinen Spielern, auf eine Weise zu spielen, wie es in anderen MMORPGs unmöglich wäre: Will man nur ein Handwerker sein und sich seinen Lebensunterhalt verdienen, indem man die besten Waren in der Gegend herstellt, dann kann man das. Will man stattdessen lieber ein Händler sein? Kein Problem. Und das beste ist, dass man nicht gezwungen ist, einen einzigen Kampf zu führen, wenn man nicht möchte. Bei Sandbox-MMORPGs geht es eher darum, die Reise und das Leben des Charakters zu genießen, als zum "Endspiel" zu hasten. Es ist wirklich schwer, mit Worten das Gefühl der Freiheit zu erklären, das gute Sandbox-Spiele bieten - stellt euch einfach vor, dass man in einigen ein Dieb sein und andere Spieler bestehlen, sein eigenes Haus mit Garten und Landwirtschaft haben , im Gefängnis landen kann und vieles mehr.

Scheint alles toll, oder? Klar, und ein Sandbox-MMORPG zu spielen ist tatsächlich ein fantastisches Erlebnis, ABER...

Wenn das Sandbox-MMO nach dem Aufstieg von WoW beinahe verschwunden ist, gibt es Gründe dafür. Für gewöhnlich benötigt man bei einem Sandbox-Spiel viel Zeit, um es genießen zu können. Sie sind viel komplexer als die gewöhnlichen Themepark-Spiele und haben eine steile Lernkurve. Sie fordern Aufopferung und sogar ein gewisses Studium der Spielmechaniken auf Wikias und extrenen Websites. Außerdem haben viele von ihnen - z.B. Ultima Online, Darkfall, Mortal Online - ziemliche Hardcore-Features wie offenes PvP mit "Full Loot" oder Diebstahl, was die Spieler abhält, die beim täglichen Einloggen ein entspanntes Spielerlebnis und nicht ständig in der Gefahr schweben möchten, getötet und ihrer hartverdienten Dinge beraubt zu werden (und mit den nervigen "Griefers", die es in dieser Art Spiel gibt, kann das manchmal schon ein bisschen frusrierend sein).

Außerdem für das Fehlen der üppigen Questketten oft zu einem Gameplay mit etwas mehr "Grinding", bei dem man eine Aktion wiederholen oder dasselbe Monster mehrmals töten muss, um beispielsweise seine Fähigkeiten zu erhöhen oder Materialien fürs Crafting oder Zaubern zu erhalten (aber das ist wiederum relativ, da man in einem Sandbox-Spiel die Dinge, die man braucht immer von anderen kaufen kann). Dies als "Grinding" zu sehen ist natürlich eine persönliche Ansicht, denn es steht jedem frei, seine Fähigkeiten ganz einfach beim natürlichen Spiel zu verbessern und seinen Charakter Tag für Tag langsam wachsen zu sehen oder sich zu beeilen und zu "grinden" (oft mit Makros), um seine Fähigkeiten schneller zu maximieren.


In Sandbox-Spielen spielt auch die Interaktion zwischen den Spielern eine wesentliche Rolle. Handel, Bündnisse, Kriege, Diplomatie, Betrug, etc. sind alles wichtige Faktoren und auch wenn das Leben als einsamer Wolf möglich ist, so ist es doch viel schwieriger, wenn man es bevorzugt, allein zu sein und nicht mit anderen Spielern zu interagieren.

Sandbox-MMORPGs sind also folglich lebendige Welten, in denen die Spieler nicht nur bloße Zuschauer sind und an einer geführten Tour teilnehmen, sondern stattdessen komplett frei sind, ihr eigenes Spielerlebnis zu schaffen und eine aktive Rolle dabei spielen, diese Welt "real" werden zu lassen. Es gibt kein "Endspiel", das man erreichen kann; dieses beginnt, wenn man sich zum ersten Mal einloggt. Naürlich sind diese Spiele nichts für jedermann: Zu viel Freiheit kann heutzutage überwältigend sein für den typischen MMO-Spieler, der es gewöhnt ist, im Spiel voranzukommen, indem er den leuchtenden Ausrufezeichen folgt.

ETWAS SAND FÜR DEN PARK

Neuerdings versuchen viele Software-Firmen tatsächlich, die typische Formel modernen MMORPGs zu verändern und zu verbessern. Einige bieten dazu einen fesselnden, interessanten Handlungsstrang, der die gewöhnlichen MMORPG-Features mit der Kick eines Einzelspielerabenteuers, in dem man selbst der Hauptdarsteller ist, ergänzt. Guild Wars 2 und SWTOR haben dies erfolgreich getan. Doch selbst wenn dies eine großartige Mühe ist, halten einige es nicht für ausreichend, um dem Genre neues Leben einzuhauchen. Zum anderen sehen wir aber auch viele neue Spielankündigungen, die mehrere Sandbox-Features versprechen. Age of Wushu/Wulin, Wildstar, Archeage und Pathfinder Online versuchen eine Innovation innerhalb des Themepark-Stils, indem sie dem Rezept mit einigen seltenen, interessanten Eigenschaften wie spielreigenes Land, komplett freie Charakterprogression, Territorienkontrolle, Seeschlachten, Fokus auf Erkundungen, offenes PvP, usw. ein bisschen "Sand" hinzufügen.


Keine Ahnung, warum die Entwickler plötzlich aufgewacht sind und sich daran erinnern, dass sie etwas anderes als einen WoW-Klon schaffen könnten und das MMORPGs - vielleicht - zu allererst alternative Online-WELTEN sein sollten und weniger einfache Mehrspieler-Spiele (und UO, EVE und SWG haben gezeigt, dass dies möglich IST). Aber seien wir froh, dass sich etwas zu ändern beginnt. Wir wünschen diesen "Sandpark"-Spielen alles Gute und hoffen, dass wir - noch einmal - beginnen können, den Nervenkitzel der Erkundung neuer, lebendiger, virtueller Welten zu erleben.





 

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